Erzählungen und Empfehlungen aus dem Familienurlaub auf Gran Canaria. Berichte von deutschen Winterflüchtlingen, dem Hafenstädtchen Puerto de Mogan und kulinarischen Kuriositäten. Plus: Tipps für Strände, Restaurants, Bergtouren etc.
1. Brief – Willkommen im Rentnerparadies
Sind spätabends hier auf Gran Canaria gelandet. Haben unsere Unterkunft in Puerto de Mogan, im Süden der Insel, kurz nach 22 Uhr bezogen. Im Ort war keine Menschenseele auf der Straße. Restaurants, Lokale, Läden – alles dunkel, alles zu. Heute in der Früh dann ein anderes Bild. Wohin man blickt alte, faltige Menschen mit morschen Knochen. Die Schaufenster der Läden präsentieren grell beleuchtet Zahnprothesen, Stützstrümpfe und Rollatoren. Wir sind angekommen im Rentnerparadies. Abends himmlische Sonnenuntergänge, an den Fassaden bunt blühende Blumenpracht und den ganzen Tag wohlig warme Temperaturen. Es ist ein Wartezimmer für den Himmel, für viele der letzte Ort bevor Petrus Einlass gewährt.
Es ist ein Wartezimmer vor dem Himmel. Der letzte Ort bevor Petrus Einlass gewährt.
2. Brief – Die Stremskis
Unser Appartement befindet sich im Hafenviertel von Puerto de Mogan. Das Haus liegt direkt am Wasser, von der Terrasse blicken wir auf dutzende Segelboote, die hier vor Anker liegen. Im Appartement nebenan wohnen Hubert und Katrin Stremski aus Chemnitz. Die beiden sind richtig junge Hüpfer, noch keine 70 Jahre alt. Zu ihrem Rentenantritt, vor ein paar Jahren, haben sie sich die Wohnung gekauft.
Jeden Morgen beim Frühstück winkt der Hubert von seiner Terrasse herüber und ruft „Buenos Dias“. Das ist das Einzige was er auf Spanisch kann. Der Hubert und die Katrin sind sehr ordentlich. Heute haben sie den ganzen Tag ihre Terrasse geschrubbt. Als Belohnung hat die Katrin den Hubert dann auf eine Paella unten im Hafen eingeladen. Der Hubert traut dem Essen hier aber nicht über den Weg, sein Teller ging unangetastet zurück. Danach war er so erschöpft, dass er direkt am Dorfplatz in Ohnmacht gefallen ist. „Ab morgen“, hat ihm die Karin noch schnell ins Ohr geflüstert, „gibt’s wieder Königsberger Klopse in Weißmehlschwitze.“
3. Brief – Im Fischrestaurant
Trotz der vielen Greise brodelt es frühabends an manchen Orten. Musiker ziehen mit Gitarren und Trommeln über die Strandpromenade bis ins Hafenviertel. Vor den vielen Kneipen liegen achtlos weggeworfene Krücken und Rollatoren. Die Senioren geben auf ihrer letzten großen Party nochmal alles was sie haben. Das ist sehr nett, aber nicht immer. Deshalb entfliehen wir dem Trubel, einige hunderte Meter abseits der Promenade gibt es an der Kaimauer ein Fischrestaurant. Hier sitzen wir direkt am Hafenbecken und bekommen fangfrischen Fisch auf den Tisch.
Drei Meter neben uns sind vier junge Spanier mit ihren Angeln auf Fischfang. Es dauert nicht lange und es zappelt einer an der Leine. Unsere Tochter Lara sieht das, springt auf, brüllt vor Entsetzen und bricht in Tränen aus. Ihr Stuhl fällt mit lautem Scheppern um und ihre Jacke vom Stuhl ins Hafenbecken. Lara schluchzt und schnappt nach Luft. Ihr Blick rast zwischen Fisch und Jacke hin und her. Einer der Angler merkt das und reagiert prompt. Mit einer flüssigen Bewegung nimmt er den Fisch vom Haken, wirft ihn zurück, schnappt sich seinen Kescher und fischt Laras Jacke aus dem Wasser. Lara lacht. Den Fisch den wir für sie bestellt haben, isst sie nicht. Sie will jetzt Vegetarierin werden.
4. Brief – Kulinarische Kuriositäten
Die kanarische Küche ist anders als zuhause, aber in den Restaurants nur in Nuancen vorhanden. Die kulinarische Anpassung an den britischen und deutschen Touristengeschmack ist allgegenwärtig. Nur wer die mehrsprachigen Speisekarten genauer studiert, findet neben Schnitzel, Pommes, Spaghetti und Pizza auch Raritäten und Kuriositäten.
In einem Steakhouse an der Strandpromenade finden wir z.B. „Erbrochene Spiegeleier mit Haltung aus Freiheit und paprikaworst“. Ein paar Meter weiter kommen „Geschmolzene Kanarienvögel mit jungfräuliches Olivenöl“ auf den Tisch und im Hafenlokal direkt neben unserer Unterkunft wird „Padron Paprika zerquetscht mit Schenkele-Schinken Bergbewohner“ kredenzt. Was wirklich hinter diesen Gerichten steckt, lässt sich nur erahnen. Abenteuerlustige bestellen und lassen sich überraschen.
6 Empfehlungen für den nächsten Gran Canaria-Urlaub
Puerto de Mogan
Ganz im Süden der Insel gelegen. Aufgrund der Kanäle, die das Hafenviertel durchziehen auch oft das „Venedig von Gran Canaria genannt“. Im Westen und Osten windgeschützt durch Felsen, dadurch einer der wärmsten Orte der Insel. Schwimmen und Baden sind auch an den meisten Wintertagen möglich (der Atlantik ist zwar frisch, aber angenehm, wenn man vorher ausreichend in der Sonne gebrutzelt hat). Einer der wenigen Touristenorte auf Gran Canaria, die nicht von größenwahnsinnigen Unternehmern mit dystopischen Hotelburgen zugebaut wurde. Netter kleiner Strand, gesäumt von einer Strandpromenade mit dutzenden Restaurants, Lokalen und Läden. Achtung: Jeden Freitag ist hier Markttag. Wer Trubel liebt ist hier richtig. Wer es lieber ruhiger mag, kommt besser an den anderen Tagen. Absolut empfehlenswert: das Hafenviertel! Kleine Gässchen, an den Fassaden blühende Blumenpracht. Bei frischem Fisch und Blick auf die Segelboote kann man die Seele baumeln lassen.
Roque Nublo Wanderweg
Alleine die Anfahrt in die Berge lohnt sich. Hinter jeder Kurve gibt es neue spektakuläre Blicke auf Berge und ins Tal. Die Vegetation wechselt, man durchfährt mehrere Klimazonen. Unten Palmen und eher karge Landschaft, weiter oben Nadelbäume und Palmen gemischt, blühende Mandelbäume, kleine Dörfer und atemberaubende Schluchten. Achtung! Viele Rennradfahrer rasen die kurvigen Straßen hinunter, es wird empfohlen vor besonders uneinsichtigen Kurven zu hupen um Crashs zu vermeiden (bei uns war es zweimal haarscharf). Der Rundwanderweg rund um den Monolithen Roque Nublo nimmt in etwa 2 Stunden in Anspruch (knappe 5 Kilometer und 200 Höhenmeter). Wem das zu lange ist, wandert einfach vom kostenlosen Parkplatz hin und wieder zurück (Dauer ca. 50 Minuten).
Playa Tauro und Bar Pio Pio
In den überfüllten Touristenhochburgen Puerto Rico und Playa de Amadores liegen die Menschen wie in Sardinenbüchsen am Strand. Einige hundert Meter weiter (von Puerto Rico über einen spektakulären Küstenweg zu Fuß erreichbar) bietet der Playa Tauro Entspannung und Ruhe. Es gibt hier zwar weder Liegen noch Schirme, aber dafür die sehr urige Strandbar Pio Pio und das „Restaurant“ Vistamar. Hier kostet alles die Hälfte, schmeckt aber besser als in jeder 08/15-Touristenkneipe.
Fischrestaurant Cofradia de Pescadores Mogan
Abseits des Trubels in Puerto de Mogan. Direkt am Hafenbecken entlang der Kaimauer. Hierher kommen nicht nur Touristen, sondern auch Einheimische. Fischkutter fahren ein und aus, man kann zusehen wie die Angler ihr Glück versuchen. Frischer Fisch garantiert, Preise etwas günstiger als in der Touristenzone.
Appartements direkt im Hafen
Im Hafenviertel werden etliche Appartements zur Vermietung angeboten. Fast alle verfügen über eine eigene Dachterrasse, von vielen hat man Blick auf die Segelboote und auf das Treiben unten zwischen Restaurants und Lokalen. Auch zum Strand ist es nicht weit, je nach Lage, maximal 150 bis 400 Meter.
Die Dünen von Maspalomas
Ein Zipfel Sahara an der Küste zwischen den Touristenhochburgen Playa del Ingles und Maspalomas. Ein Schatz, eingepfercht zwischen großteils hässlichen, riesigen Hotelbunkern. Guter Ausgangspunkt ist das Hotel Riu Palace. Von hier aus führen Wanderwege entweder zum Leuchtturm von Maspalomas oder direkt an die Küste und den Strand. Tolle Fotolocation für Instapeople, aber auch alle, die sich Bilder noch ausdrucken und an die Wand hängen.