Weil Bundeskanzler Basti nicht will, dass irgendwer irgendwas mit irgendwem anders tut, tun wir das, bleiben unter uns und mieten uns einen Wohnwagen. Der Wohnwagen heißt Pössl und ist in drei Größen verfügbar: Zündholzschachtel, Sardinenbüchse oder – für luxusbewusste Camper wie uns – Schuhkarton.
Den Typen, der uns den Wohnwagen vermietet, kennen wir nicht. Er uns auch nicht, was wahrscheinlich besser so ist. Er ist Versicherungsmakler und wirkt unheimlich ordentlich und aufgeräumt. Als wir mit unserem zerbeulten Skoda vorfahren und die Mädels wie kleine Makaken aus dem Auto springen, sieht er besorgt aus. Verständlich. Dem hängt hinten bestimmt niemals das Hemd aus der Hose. Bei dem klebt unten im Tiefkühlschrank auch kein altes Tschisi-Eis am Boden. Der ist Versicherungsmakler. Das wird man nicht, indem man mit ungekämmten Haaren auf die Straße geht oder im Billa vor der Wursttheke furzt. Da muss man schon mehr bringen.
Camping auf dem Weingut
Die Frau kann bereits zwei Tage vor dem Trip nicht mehr schlafen, weil sie sich Sorgen macht, dass sie im Wohnwagen nicht schlafen kann. Allen Ängsten zum Trotz brechen wir zwei Tage später auf. Das Reiseziel: Die Steiermark, das grüne Herz Österreichs, wie es findige Werbetexter nennen. Hier werden Camper nicht sofort geteert, gefedert und mit Mistgabeln aus dem Land gejagt, wie in den anderen Bundesländern. Hier findet sich auch immer ein Ort wo man seinen Kot-Tank entleeren darf und wildes Campen wird meist (zumindest nächteweise) toleriert.
Wir finden ein Plätzchen inmitten eines Weinguts, umgeben von Rebstöcken, Hühnern und Schweinen, mit welchen die Touristen sich sonst in den Buschenschanken stärken. Die gastgebende Winzerin ist frisch, saftig, steirisch. Sie hat in ihrem Leben schon massig Schweinebraten verputzt und braucht die Extrakilos um mit ihren feisten Füßen genügend Saft aus den Trauben zu pressen.
Hier ist alles voll klein, das einzige was groß ist, ist der Papa.
Wir genießen den Tag im Freien zwischen Tieren und Weinreben und als die Sonne die letzten goldenen Strahlen über die Weinberge schickt, ziehen wir uns wie eine Schnecke in unseren Pössl zurück.
Töchterchen L. stellt scharfsinnig fest: „Hier ist alles voll klein. Das einzige was groß ist, ist der Papa.“ Und sie hat Recht. Ich schlafe auf einer eigens angepassten Matratze auf den Vordersitzen. Das sieht auch wirklich gemütlich aus, für Leute, die größer sind als Frodo der Hobbit, ist das aber Sardinenbüchse. Doch halb so schlimm, ich hab zwar den Schaltknüppel im Hintern, kann aber durch die Dachluke tausende Sterne erblicken. Gerade als romantische Gefühle aufkommen und ich in einen weinseligen Schlaf wegdämmere, schallt ein markerschütterndes, nicht enden wollendes „TRÖÖÖÖÖÖT“ über die Weinberge.
Nach zwei Nächten auf den Vordersitzen sehe ich von hinten so aus wie Peter Stöger von vorne.
Ich will mich schon bei der Winzerin nach dem Grund der nächtlichen Geräuschkulisse erkundigen, merke aber dann, dass das wohl mein Fuß ist, der da auf der Hupe liegt. Außer mir hat sich aber niemand gestört gefühlt, die Eingeborenen kommen auch nicht um uns mit ihren Mistgabeln und Fackeln vom Hof zu jagen.
Camper-Gutschein für den Kanzler
Nach zwei Nächten im Halbschlaf auf den Vordersitzen fühle ich mich etwas unpässlich und sehe von hinten so aus wie Peter Stöger von vorne. Der Winzerin fällt bei meinem Anblick vor Schreck der Weinkarton aus der fleischigen Pranke. Aus Mitleid schenkt sie mir eine Flasche Zweigelt, die ich nach unserer Heimkehr meiner Mutter überreiche. Vom Vermieter bekommen wir zum Abschied einen 50-Euro-Gutschein für die nächste Camper-Tour. Ich werde diesen per Eilpost an das Bundeskanzleramt schicken. Basti hat sich auch mal wieder Urlaub verdient.