Arbeit, Familie und Kinder können anstrengend sein. Im Schlosshotel Velden wedelt Alen Pikon mit seinem Handtuch abgehetzten Menschen den Stress aus dem Körper.
Die beste aller Frauen hat Geburtstag und um das gebührlich zu feiern, packe ich sie in unseren klapprigen Skoda und entführe sie an einen geheimen Ort. Wir fahren entlang des Wörthersees Richtung Velden. Dort angekommen, steuere ich die zerbeulte Karre direkt vor das Schlosshotel. Die Frau ist etwas perplex, glaubt wir stoppen wegen Motorschaden. Als der Portier mit mitleidigem Blick den Schlüssel für unser Auto entgegennimmt, steigt ihr Schamesröte ins Gesicht.
Alen Pikon ist wie Roy Black, nur besser
Die Lobby ist voller Marmor, aber ohne Roy Black. Entschädigt werden wir mit Prosecco und Alen Pikon. Alen ist Roy Black 2.0, bringt nicht nur die Frauen in Wallung, sondern macht auch Männer heiß. Er ist der Meister des Sauna-Aufgusses, der König des Hüftschwungs. Reicht man ihm ein Handtuch, schießt ihm der Jive ins Becken. Dann wirbelt er den Lappen wie einen Propeller über den Kopf und wackelt mit dem Hintern.
Bei den Staatsmeisterschaften im Sauna-Aufguss (ja, so etwas gibt es!) mischt Saunameister Alen seit einigen Jahren vorne mit, aktuell ist er sogar der beste Handtuchwachtler in Österreich. Er weiß also, in welchem Winkel das Saunasegel geschwungen werden muss, um die Saunainsassen möglichst nah an den Kollaps zu bringen.
Der Sauna-Aufguss als Show
Wir treffen Alen zum ersten Mal in der Panoramasauna des Schlosshotels. Er trägt ein handbesticktes Tuch um die Hüften und wirkt damit seriöser als so mancher Anzugträger. Die Sauna ist mit einem großen Fenster Richtung See ausgestattet, man sieht ihn in der Ferne glitzern. Außer uns sitzen nur vier weitere Schwitzbereite auf den Bänken.
Während Alen seine Fächer, Wedel, Öle und die kleine Bluetooth-Box neben dem Saunaofen aufreiht, schwindelt sich ein Nachzügler in die Sauna. Er ist älter als der Rest von uns. Die Haare, die ihm am Kopf fehlen, trägt er auf Oberlippe, Rücken und Hängebrust. Interessiert mustert er die Saunabesucher, sein Blick bleibt bei uns hängen. Mit einem Stöhnen klettert er in die letzte Reihe und lässt seinen Hintern neben mir auf das Handtuch klatschen. „Grias eich!“, ruft er in breitem Wienerisch und wischt sich den Schweiß von der Glatze, „hobts ihr a Ahnung, wos da heit für Aufguss is?“.
Heute verbringen wir einen Vormittag mit meiner Oma!
Saunameister Alen antwortet: „Heute verbringen wir einen Vormittag mit meiner Oma!“. Er tröpfelt ein bisschen Öl aus einem Fläschchen in die Saunakelle und gießt diese mit einem Zischen in den Ofen. „Meine Oma trinkt in der Früh gerne Pfefferminztee“, erklärt er. Eine wohlige Note breitet sich aus. Alen tippt auf sein Handy und aus dem kleinen Lautsprecher erschallt Ziehharmonikasound. „Kärntnerlieder! Die bringen die Oma so richtig in Fahrt“, sagt Alen und wackelt wie Elvis mit dem Hintern.
Er schnappt sich einen Fächer und wedelt damit in Stößen heiße Luft durch die Reihen. Jeder Saunainsasse bekommt eine persönliche Behandlung. Die Hitze klatscht mir wie ein feuchter Schwamm ins Gesicht. Mehrmals spüre ich Gänsehaut über den Rücken streifen. Irgendwie angenehm. Ich schwebe zwischen Delirium und völliger Entspannung.
Jubel wie im Fußballstadion
Nach Alens Show brandet Jubel auf. Der behaarte Wiener donnert seine Pranken begeistert aufeinander. Sein Goldketterl baumelt im Takt vor und zurück, Schweiß spritzt mir in den Schoß. Wie im Fußballstadion steckt er sich zwei Finger in den Mund und lässt einen gellenden Pfiff durch die Sauna hallen. Die Frau und ich sehen uns verdutzt an. Wir haben keine Ahnung, ob das nach einem Aufguss immer so ist, sind nicht so die geübten Saunageher. Da alle mitjubeln, klatschen wir auch brav in die Hände und rufen „BRRAVOOO!“ Und „DACAPO!“. Und wirklich, wir freuen uns auf den nächsten Aufguss, vielleicht bringen wir ein paar Transparente und Tröten mit, Alen hätte es sich verdient.