Der Schwarzgupfberglauf ist in vielerlei Hinsicht schön. Vor allem aber ist er schön steil, schön anstrengend und ganz schön hart. So hart, dass sogar Erwin, der mir letztens mit seinen Crocs am Kreuzbergl davongelaufen ist, diesmal die teuren Laufschuhe ausgepackt hat.
Der Startbereich des Rennens liegt direkt vor dem Campingplatz ROZ im Rosental, nahe St. Margarethen. Die Umgebung ist ein Paradies für Kinder – in der Mitte ein kleiner Badesee mit tiefgrünem Wasser und rundherum ganz viel Natur. Esel, Ponys und Hasen. Spielpätze, Tretautos, Tischtennis, Fußball- und Basketballplätze.
250 Stockwerke über Wurzeln und Geröll
Ein paar hundert Meter südlich des Sees, bedecken Fichten- und Buchenwälder die Anstiege bis hoch in die Karawanken. Einer dieser Anstiege führt auf den Schwarzgupf hinauf. Das Ziel dort oben ist 9,5 Kilometer und 800 Höhenmeter entfernt. Klingt zunächst nach nicht viel, entspricht aber in etwa 4500 Stufen bzw. 250 Stockwerken. Das Empire State Building hat 102 davon, der Burj Khalifa 163 und höhere Häuser als das gibt’s nicht. Wer da rauf will, darf also keine Spaghettibeine haben.
Die Beine aus Stahl und im Kopf Spaghetti
Am Start stehen deshalb nur Leute mit harten, stählernen Beinen. Die Spaghetti sind dafür im Kopf, denn wer freiwillig volle pulle einen Berg raufrennt, muss ein bisserl waach im Schädel sein. Ich fühle mich pudelwohl unter den Waachen, meine Begeisterung schwappt auf die mitgereisten Töchter und ihre Freundin über. Sie sind so elektrisiert, dass sie sich spontan für die Kinderläufe anmelden.
Erfolgreiches Debüt für die Töchter
Während ich also den Berg hinaufkeuche, rennen die Mädels, ca. 800 Meter und schön flach, zwei Runden um den See. Keine der drei hat zuvor schon mal bei einem Rennen mitgemacht, es ist also eine Premiere und (ich bin mir absolut sicher!), der Startschuss zu fantastischen Läuferkarrieren von Weltrang. Alle drei landen auf Anhieb auf dem Stockerl, das Grinsen ist ihnen den restlichen Tag nicht mehr aus dem Gesicht zu wischen.
Bei der Siegerehrung wird ihnen gehuldigt. Junge, muskulöse Männer spenden ihnen mit Schirmen Schatten und wichtige regionale Persönlichkeiten überreichen ihnen goldene und silberne Pokale mit edlen Gravuren von literarischer Finesse („Schwarzgupfberglauf 2022, Bgm. Helmut Ogris“). Und weil es in diesem Alter noch keine Preisgelder gibt, erhalten sie stattdessen äußerst nützliche Sachpreise. Jausendosen für Sandwiches, Ananas-Lichterketten, Schlüsselanhänger aus hochwertigem Plastik und erlesene Werbebotschaften von Unternehmen aus der Umgebung.
Mit Freibier belohnt
Während die drei Erinnerungen fürs Leben sammeln, befinde ich mich noch auf der Strecke und kraxle auf allen Vieren über Wurzelwerk und Gestein. Auf einer Höhe bei der manch Wanderer bereits die Sauerstoffflasche schultert, schleppe ich mich mit letzter Kraft über die Ziellinie. Autos fahren hier heroben keine mehr. Die Straßenverhältnisse lassen das nicht zu. Um zurückzukommen, muss ich bis zur letzten Labestation marschieren. Dort gibt es köstliches, kaltes Freibier und ein paar Transporter der freiwilligen Feuerwehr, die die müden Läufer wieder zurück chauffiert. Die Straße ist auch hier heroben kaum als „Straße“ zu bezeichnen. Der Transporter ist voll besetzt und wir holpern und rumpeln über den groben Schotter Richtung Tal. Der Feuerwehrkommandant blickt kurz über die Schulter und sagt: „Gottseidonk seids ihr olle so dünn! Wenn ihr so a Wampn hättets wie i, würd ma da überoll aufsitzen“.
Gatorade statt Trophäe
Unten angekommen, wartet im Campingrestaurant (empfehlenswert!) bereits Schnitzel und ein weiteres Hopfengetränk. So wie die Mädels hab`s auch ich aufs Stockerl geschafft. Statt einem Pokal überreicht man mir aber eine Dose Gaterode-Brausepulver. Um die sportlichen Erfolge gebührend zu feiern, bestelle ich Prosecco und schlürfe ihn direkt aus den Pokalen meiner Töchter. Die Pokale eignen sich hervorragend als Trinkgefäß, vielleicht gehe ich im nächsten Jahr auch beim Kinderlauf an den Start.